Die Erdenreise Teil 35

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Michael, Martin, Jonas und Sophie saßen immer noch gemütlich beisammen, als Hannes und Klara dazustießen. „Wir wollten euch eigentlich holen, denn wir haben noch Einiges drüben zu besprechen. Wir wussten ja nicht, dass du Besuch hast, Martin.“ Martin stellte Sophie vor, Jonas kannten sie bereits. Hannes war ein wenig unruhig, denn einladen konnte er die beiden ja nicht, da drüben, in Klaras Wohnung, der Elohim saß. Und dem sah man auf den ersten Blick an, dass er kein Mensch war. Aber Jonas und Sophie hatten den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden. „Ich denke, wir sollten dann sowieso wieder gehen. Unsere Eltern warten sicher schon auf uns“, sagte Jonas. Martin hatte das Gefühl, dass er die beiden nicht gehen lassen wollte. Er hatte einen Verdacht und wollte dem auf den Grund gehen. Daher sagte er: „Könnt ihr bitte noch einen Moment warten. Ich würde gerne drüben etwas besprechen und euch dann erst verabschieden. Oder habt ihr es sehr eilig?“ Jonas und Sophie sahen sich an. „Ich denke, dann rufe ich unsere Eltern kurz an. Wenn sie wissen, dass wir hier sind, ist das sicher kein Problem“, antwortete Jonas.

Martin, Hannes, Michael und Klara gingen hinüber zum Elohim und den anderen Erzengeln. Martin fing ohne Einleitung an zu sprechen: „Bei mir drüben in der Werkstatt sitzen gerade die beiden jungen Leute. Jonas, der junge Mann, den Hannes damals in der Stadt beim Taubenfüttern getroffen hatte, und ein etwas gleichaltriges Mädchen aus England. Und ich werde den Verdacht nicht los, dass ich die beiden kenne. Mir kam das schon beim ersten Mal so vor, als ich Jonas getroffen habe. Als wäre er mir sehr vertraut.“ Hannes nickte. „So ging es mir auch. Worauf willst du hinaus?“, fragte er.

„Ich will darauf hinaus, dass ich einen Besen fresse, wenn das nicht Theo und Luisa sind. Der Elohim sog hörbar die Luft ein, sagte aber nichts. Die Erzengel schauten sich im Raum um, sagten ebenfalls nichts. „Hat es euch allen jetzt die Sprache verschlagen?“, fragte Martin. Der Elohim schüttelte den Kopf. „Nein, es hat mir nicht die Sprache verschlagen, aber das wäre ein seltsamer Zufall. Ich möchte die beiden kennenlernen.“

„Tja, das wird aber nicht ganz so einfach sein. Was sollen wir ihnen erklären, wer du bist?“, fragte Martin. Der Elohim dachte nach. „Wenn das tatsächlich Theo und Luisa sind, brauchen wir nicht viel zu erklären. Spätestens wenn sie mich sehen, wird ihre Erinnerung wieder zurückkommen.“ „Ja und? Was machen wir dann? Könntest du die beiden denn wieder zurückverwandeln?“, fragte Hannes. Der Elohim wiegte seinen Kopf hin und her. „Ach, ich weiß es nicht. Wahrscheinlich ginge das schon. Aber zunächst wäre es wahrscheinlich hilfreicher, wenn sie bleiben, wer sie sind und mit dem Wissen um ihre Herkunft weiter an der Sache dranbleiben.“ „Aber sollte das nicht vermieden werden?“, fragte Martin. „Nein“, sagte der Elohim. „Es ging nie darum, dass irgendetwas vermieden werden sollte. Es ging nur um das Opfer. Es war die Kraft des unglaublichen Opfers, das die beiden und die zehn anderen Jung-Engel erbracht haben, dass das, was wir jetzt geschafft haben, erst möglich wurde. Und bei einem Opfer geht es auch nicht darum, dass es zwingend bis ins Letzte durchexerziert werden muss, sondern es geht um die Entscheidung und die Bereitschaft. Und die haben die beiden erbracht. Sie konnten nicht damit rechnen, dass wir sie wieder treffen und wir sie eventuell sogar in ihr altes Leben zurückholen werden. Aber momentan denke ich, dass es sehr sinnvoll wäre, wenn die beiden wüssten, wer sie sind. Ich glaube, wir brauchen sie dringender als wir denken – und zwar mit allen Fähigkeiten – denen der Menschen und denen der Engel. „Okay, soll ich sie jetzt herüberholen?“, fragte Martin. „Ja, hol sie“, antwortete der Elohim.

Bei den Dunklen herrschte eine schreckliche Stimmung. „Ihr habt total versagt!“, herrschte der große Dunkle die Asuras an. „Es wäre ein Leichtes gewesen, die drei Menschen zu überwältigen, wenn ihr euch angestrengt hättet.“ Die Asuras antworteten im Chor: „Was heißt die drei Menschen? Da waren Heerscharen von Engeln im Hintergrund, die die Menschen abgeschirmt haben.“ Der große Dunkle wischte mit dem Arm durch die Luft, dabei quoll dicker schwarzer Rauch aus seinen Ärmeln. „Wie soll nur irgendetwas funktionieren, wenn man nur so eine unfähige Meute wie euch zur Verfügung hat?“, donnerte er weiter. Und so ging es noch eine ganze Zeit. Er konnte sich einfach nicht beruhigen. Die Wut auf die Schergen, auf die Menschen, auf die Engel brachte ihn fast um den Verstand. Sie waren ihrem Ziel so verdammt nahe gewesen. So viele mächtige Menschen hatten sie in ihren Bann gezogen und die anderen Menschen hatten auf sie gehört. Und plötzlich hatten diese Menschen all ihren Einfluss verloren. Und nun machten alle einfach, was sie wollten. Damit hatte er nicht gerechnet. Er schwor bittere Rache. So einfach würden ihm diese Erdlinge nicht davonkommen. Aber er brauchte einen neuen Plan und neue Verbündete. Die alten hatten versagt. Er hatte auch schon eine Idee.

Martin ging zurück zur Werkstatt. Ihm war ein wenig mulmig zumute. Was, wenn er sich getäuscht hatte und die beiden gar nicht Theo und Luisa waren? Wie würden sie reagieren, wenn sie den Elohim sahen? Warum war alles nur so schrecklich kompliziert? Doch die Tatsache, dass ihm Jonas und Sophie so vertraut waren, obwohl er sie eigentlich gar nicht richtig kannte und dass ihnen die Werkstatt so vertraut war….es musste einen Grund geben.

Die beiden saßen immer noch auf der Couch in der Ecke und unterhielten sich. Martin schluckte. „Mögt ihr bitte mal mit mir mitkommen? Wir haben eine Art Überraschung für euch. Ich weiß nicht, ob ihr damit etwas anfangen könnt….aber seht selbst“, sagte er und merkte, wie schwer es ihm fiel unbeschwert zu wirken. Er hatte insgeheim ziemliche Angst vor der Reaktion der beiden. Es war, als würden sie gerade das ganze Projekt in Gefahr bringen. Doch der Elohim musste ja wissen, was er tat. Das war Martins einziger Hoffnungsanker. Er trug ja nicht die Verantwortung, sondern der Elohim war das höchste Wesen hier in ihrem Kreis. Und wenn er es wagen wollte, dann musste es doch richtig sein… Doch so ganz sicher war er sich nicht.  Jonas und Sophie folgten ihm arglos. An der Tür empfing sie Phanuel. „Wir werden euch jetzt etwas zeigen. Und womöglich werdet ihr eine neue Erinnerung empfangen, bzw. eine alte Erinnerung zurückbekommen. Bitte erschreckt euch aber nicht“, sagte er. Auch er war etwas unsicher, wie das nun vor sich gehen sollte. Der Lichtschein des Elohim reichte bis in den Flur hinein und Jonas und Sophie wurden schon sehr neugierig. „Sind wir in Gefahr?“, fragte Sophie. Es kam ihr ein wenig seltsam vor, dass sowohl Martin als auch dieser Mann, den sie nicht kannte, sich so seltsam verhielten. „Nein, ihr seid nicht in Gefahr. Aber was wir euch jetzt zeigen, ist ein wenig ungewöhnlich für Menschen“, ergänzte Phanuel. Sophie und Jonas wechselten einen Blick. Das war ja alles ein wenig merkwürdig.

Phanuel machte eine Handbewegung in Richtung des Wohnzimmers und Jonas und Sophie gingen zögerlich in die angedeutete Richtung. Der Lichtschein des Elohim wurde immer heller, je näher sie dem Wohnzimmer kamen. Da öffnete Gabriel von innen die Tür vollständig und ließ sie eintreten.

Der Elohim lächelte sie an. Jonas und Sophie standen wie vom Donner gerührt. Sophie begann sofort zu weinen. Etwas überwältigte sie. Jonas legte fast automatisch den Arm um ihre Schultern. „Warum weinst du?“, fragte Phanuel sanft. „Ich weiß es nicht. Es ist so fremd und doch habe ich gerade das Gefühl, als ob ich nach einer langen Zeit nach Hause kommen würde“, sagte sie und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Jonas schwieg noch immer und starrte den Elohim an, der sanft lächelte. „Erkennst du mich?“, fragte der Elohim. Jonas schluckte. „Ich…ich weiß nicht. Mir geht es ähnlich wie Sophie und ich verstehe nicht…Wer sind sie?“  

Und wie es weitergeht, erfahrt Ihr morgen. Ich wünsche Euch einen guten Rutsch ins Jahr 2022 und ein wunderschönes, erfülltes Neues Jahr!  

Manou

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