Unten lesen, oben schauen 🙂 Viel Freude damit!
Und dann war schon der Heilige Abend da. Alle Engel und Menschen waren in freudiger Erwartung. Viele Menschen auf der Erde hatten plötzlich Zeit und schauten versonnen in den Himmel. Es war wie vor mehr als zweitausend Jahren. Damals war es ein Stern, der über den Himmel zog und jetzt zogen tatsächlich Engel über den Himmel. Immer lauter schwoll ihr Singen an und die Herzen der Menschen begannen, sich auf diesen Gesang einzuschwingen. Überall erstrahlte die feierliche Stimmung und ließ niemanden kalt. Fast niemanden.
Die dunklen Mächte hatten an diesem Abend Krisengespräch. Es war einfach wie verhext. Sie waren sich schon so sicher gewesen, dass sie es geschafft hatten, die Menschen hinters Licht zu führen und nun war alles anders gekommen. Sie waren sauer! Das war gründlich schiefgegangen. Wenn die verflixten Engel am Himmel nicht verschwinden würden, dann könnten sie ihre Pläne vorläufig vergessen. Alle Erklärungen, dass dies nur eine Wettererscheinung war, wurde als Lüge erkannt. Bisher waren sie so gut darin gewesen, alles zu verdrehen. Aber das konnten sie nicht wegargumentieren. Die Menschen standen auf den Straßen und starrten in den Himmel. Es war zum verrückt werden.
Und nun kamen die Rauhnächte, in denen sie sich sonst auch immer ganz gut eingeschlichen hatten, indem sie die Menschen davon überzeugten, dass sie einfach so weitermachen sollten, wie im übrigen Jahr. Damit konnten sie recht gut verhindern, dass die Menschen etwas von dieser grauslichen heiligen Stimmung erlebten. Aber dieses Jahr sah es danach aus, als würden sie sich darauf besinnen, dass sie sich für die Wunder, die gerade geschahen, öffnen wollten.
„Was ist euer Plan?“, fragte der große Dunkle seine Schergen, die Asuras. „Die Asuras, die immer nur im Chor sprachen, antworteten: „Wir wissen es nicht. Alle unsere Pläne sind schiefgegangen. Wir haben keinen weiteren Plan.“ Der große Dunkle schlug mit der Faust auf den Tisch. „Ich hatte euch doch gesagt, dass ihr einen Plan B braucht!“, herrschte er sie an. Die Asuras duckten sich und sagten: „Aber es ist doch alles so gut gelaufen. Wir dachten, dass es immer so weitergeht.“ „Ihr dachtet!“ sagte der große Dunkle verächtlich. „Seit wann könnt ihr denken? Schaut doch einmal hinaus. Am Himmel ziehen die großen Engel und die Menschen stehen wie die Ölgötzen und fangen wieder an, an das Gute zu glauben. So werden wir nie ans Ziel kommen. Ihr habt versagt!“
Die Asuras zogen die Köpfe ein. Immer hackte er auf ihnen herum. Wenn sie etwas gut gemacht, und die Menschen zu etwas verführt hatten, das ihnen nicht guttat, lobte er sie nicht, sondern nahm es als selbstverständlich hin. Und nun hatte er nur Verachtung für sie. Was konnten sie denn dafür, dass die Hellen sich plötzlich so ins Zeug legten? Bisher hatte es ja fast den Anschein gehabt, dass die Menschen denen recht egal seien. Plötzlich waren sie da und vereitelten ihre Pläne. Die Asuras wechselten Blicke. Sollte der große Dunkle doch toben. Sie hatten keine Lust mehr. Wenn sie ehrlich waren, würden sie sogar selbst gerne dem Gesang der Engel lauschen.
Der große Dunkle schien es zu ahnen. Ihr werdet heute in die Höhlen gehen. Dort könnt ihr euch überlegen, was die nächsten Schritte sind. Ich will keinen von euch mehr hier auf der Erdoberfläche sehen!“ Die Asuras zogen unwillig ab. Wenn der große Dunkle so weitermachte, konnte er sich bald neue Helfer suchen. Sie hatten eigentlich keine Lust mehr, sich so behandeln zu lassen. Sie warfen noch einen wehmütigen Blick zum Himmel und gingen dann in die Höhle.
Hannes war wieder erholt. Er hatte sich gestern noch lange mit dem jungen Mann unterhalten und sie hatten verabredet, dass dieser nach den Weihnachtsfeiertagen zu Martin in die Werkstatt kommen wollte. Das war ein schönes und entspannendes Gespräch gewesen und hatte ihn ein wenig vom Stress der letzten Wochen abgelenkt und die Bewunderung des jungen Mannes hatte ihm auch wieder Mut gemacht, um weiter zu arbeiten.
Heute war Heiliger Abend und sie hatten für heute Abend drei ganz besondere Studiogäste eingeladen. Sie freuten sich alle schon darauf. Hannes moderierte die Sendung an und ließ offen, um welches Projekt es sich heute handeln würde. Zwei Herren und eine Dame betraten das Studio. Hannes stellte sie vor: Es waren Jolanda und Simon Markert, zwei Industrielle, die ein immenses Vermögen angehäuft hatten und Prof. Dr. Siebenstreich, der eine der größten Schulen des Landes leitete. Und die Idee des Ehepaares Markert war, dass sie die Möglichkeit zur Verfügung stellen wollten, dass alle neunten Schulstufen ein Jahr des fliegenden Klassenzimmers machten.
Die ganze Klasse sollte in der Zeit, in der die Jugendlichen pubertierten und sowieso etwas außer sich waren, ein Jahr lang überall auf der Welt lernen. Das Konzept bestand daraus, dass sie in den Regenwald reisen sollten, um dort Biologie zu lernen und um gemeinsam mit den Einheimischen die abgeholzten Flächen wieder aufzuforsten. Dabei mussten sie viel über Pflanzengemeinschaften lernen. Danach sollten sie nach Amerika fliegen und in verschiedenen Bereichen der NASA Mathematik lernen. Dann würden sie eine Zeit im französisch sprechenden Afrika verbringen und dort bei Brunnenbauprojekten mitarbeiten. Das war das Grundkonzept, das sich aber gerne, je nach dem Bedarf auf der Welt, verändern durfte. Somit würden all die jungen Erwachsenen einen Teil der Welt sehen, der ihnen selbst bei Urlauben verborgen bleiben würde.
Und sie würden dort, wo Fachkenntnisse gebraucht würden, zur Hand gehen. Natürlich würden die entsprechenden Lehrer jeweils mit ihnen reisen. Prof. Siebenstreich würde das Ganze aus pädagogischer Sicht aufbereiten und nach und nach alle Schulen mit einbeziehen, sodass eine ganze Generation von jungen Menschen heranwachsen konnte, die die Welt und die Bedürfnisse der Menschen kennen. Dazu wurden noch weitere Sponsoren und Fachleute gesucht.
Auch heute, selbst am Heiligen Abend, liefen die Telefone heiß und eine Menge Menschen meldeten sich, die sich einerseits bereit erklärten, bestimmte Fachkenntnisse zur Verfügung zu stellen und andere Zuschauer meldeten sich, die mithelfen wollten, das Ganze zu finanzieren und Ideen lieferten, wie die jüngeren Schüler, schon in ganz frühen Klassen, einen Teil der Kosten über Basare und Veranstaltungen erwirtschaften könnten.
Insgesamt war es ein wunderbarer Abend und Hannes versprach, für die Zuschauer eine Reportage über die erste Klasse zu machen, die schon im kommenden Jahr in dieses Abenteuer starten würde.
Ganz spät trafen Martin und Hannes bei Klara ein, die zur Feier des Tages einen Weihnachtsbaum aufgestellt, und es sogar geschafft hatte, eine Menge Päckchen unter dem Baum zu verteilen. Wenig später läutete es an der Tür und die Freude war groß, als alle Erzengel ins Wohnzimmer traten. „Jetzt fehlen nur noch Theo und Luisa“, sagte Martin ein wenig traurig. „Das stimmt. Wie schön wäre es, wenn sie jetzt hier sein könnten“, stimmten Klara, Hannes und die Erzengel mit ein. „Aber, dass dies alles möglich ist, und dass die Cherubim, Seraphim und Aralim über den Himmel ziehen können, das haben wir dem Opfer der zwölf Engel zu verdanken. Dadurch, dass diese sich dazu bereit erklärt haben, haben wir Engel ganz neue Möglichkeiten erhalten. Ich weiß, das klingt kompliziert, aber auch bei uns in der Engelwelt gibt es gewisse Gesetzmäßigkeiten“, sagte Phanuel.
Klara öffnete den Vorhang und alle sahen hinauf in den Himmel, wo die Engel unermüdlich vorbeizogen und ihren wunderbaren Gesang über die ganze Erde ergossen. Es würde alles gut werden. Dieses Gefühl stieg langsam in allen auf. Sie würden es schaffen. Die Menschen waren einfach wunderbar.
Und jetzt wünsche ich Euch allen einen wunderschönen Heiligen Abend und eine gute Nacht in den ersten Weihnachtsfeiertag hinein. Heute ist die erste der dreizehn heiligen Nächte!
Bis morgen
Manou