Die Erdenreise Teil 34

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Es herrschte große Aufregung im Hause Liebhart. Der Direktor hatte angerufen. Heute würde die englische Delegation anreisen. Alles ging wahnsinnig schnell. Herr und Frau Liebhart hatten vorgeschlagen, dass die Besprechung bei ihnen zuhause stattfinden könnte. Der Direktor hatte dankend angenommen. Offenbar kam ebenfalls eine Familie aus England und gemeinsam würden sie besprechen, wie sie das fliegende Klassenzimmer organisieren würden. Frau Liebhart rannte aufgeregt zwischen Küche und Speisekammer hin und her. „Was soll ich nur vorbereiten. Was könnte Engländern und dem Direktor schmecken?“, murmelte sie ständig vor sich hin. „Also über die Engländer würde ich mir nicht so viele Gedanken machen“, sagte Jonas. „Die sind jetzt nicht gerade für ihre raffinierte Küche bekannt.“ Herr Liebhart lachte. „Jonas hat recht, vermutlich wären Fisch und Chips nicht schlecht, aber vielleicht machen wir einfach Pizzaschnecken und einen Salat, das hat immer schon allen geschmeckt. Und die können Jonas und Paula auch alleine zubereiten, während wir uns besprechen“, sagte Herr Liebhart.

Frau Liebhart schien damit einverstanden zu sein, denn sie wurde merklich ruhiger. Es kam ja niemand um ihre Kochkünste zu bewundern, aber es sollte eben doch allen schmecken. Nervös schaute sie auf die Uhr. Sie hatten noch vier Stunden Zeit, dann würde der Direktor die Gäste am Flughafen Wien Schwechat abholen und direkt zu ihnen kommen. Herr Liebhart und Jonas würden noch ein paar Stunden zu Martin in die Werkstatt fahren, aber versprachen rechtzeitig zurück zu kommen.

Martin wirkte heute ein wenig unausgeschlafen und hatte dunkle Ringe unter den Augen. „Geht es dir nicht gut?“, fragte Jonas. Martin winkte ab. „Ach nein, ich habe vergangene Nacht nur ein wenig schlecht geschlafen.“ Insgeheim dachte er sich, dass selbst wenn er die Geschichte erzählte, ihm niemand glauben würde. Das war alles ein wenig absurd. Und tatsächlich fiel er nach dem gestrigen Kampf mit den Dunklen und der Errichtung des Kristallgitters in einen tiefen traumlosen Schlaf und trotzdem hatte er sich heute Morgen gefühlt, als hätte ihn über Nacht ein Traktor mehrfach überrollt. Aber wenn das stimmte, was der Elohim sagte – und davon ging er aus – hatte sich das ja mehr als gelohnt. Er hatte heute auch das Gefühl, als würde die Atmosphäre sich leichter anfühlen. Aber vielleicht bildete er sich das alles nur ein. Rasch bauten sie die Wagen, die sie bereits vorbereitet hatten zusammen und begannen schon, das Holz für die nächsten fünf zu schneiden. Als Jonas das erste Mal auf die Uhr schaute, war es schon fast soweit, dass sie sich auf den Weg machen mussten. Sie erzählten Martin, wie rasend schnell alles ging und dass Jonas Direktor es binnen eines Tages geschafft hatte, eine kleine Delegation aus England zu organisieren, um gemeinsam das Projekt zu planen. Martin staunte nicht schlecht. Es war unglaublich, wie alles seinen Lauf nahm. Als er die Begeisterung bei Jonas sah, dachte er kurz an Theo. Wie schade, dass er das nicht miterleben konnte.

Als Jonas und sein Vater zuhause ankamen, duschten sie nur rasch und zogen sich frische Kleidung an, als es auch schon an der Tür läutete. Draußen stand der Direktor und Jonas begrüßte ihn respektvoll. Hinter ihm standen ein Mann, eine Frau und ein Mädchen in Jonas Alter. „Darf ich vorstellen“, sagte der Direktor in recht flüssigem Englisch. „Das sind Mr. Und Mrs. Duncan mit ihrer Tochter Sophie.“ Die Liebharts begrüßten die Familie Duncan und hießen sie willkommen.

Das Eis war schnell getaut und sowohl die Eltern, als auch Jonas und Sophie verstanden sich hervorragend. „Ist es für euch in Ordnung, wenn ich Sophie ein wenig die Stadt zeige? Sie war noch nie in Wien“, fragte Jonas. Die Erwachsenen waren einverstanden, da sie bereits mitten in der Planung angekommen waren. Jonas und Sophie zogen sich eine warme Jacke an und machten sich auf den Weg. Sophie staunte und wurde immer stiller. Nach einer Weile fragte Jonas: „Ist alles in Ordnung mit dir?“, Sophie nickte nur und schwieg noch eine Weile. Irgendwann begann sie wieder zu sprechen. „Es ist seltsam, aber mir kommt das alles sehr bekannt vor“, sagte sie plötzlich. Jonas, der dieses Erlebnis erst vor Kurzem in Martins Werkstatt gehabt hatte, verstand sofort was sie meinte. „Kannst du dir erklären, woher das kommt?“, fragte er Sophie und erzählte ihr von dem Erlebnis in der Werkstatt. Sophie dachte nach und sagte dann: „Und wenn ich ganz ehrlich bin, kommst auch du mir sehr bekannt vor. Es ist fast so, als wären wir hier schon einmal gemeinsam entlanggegangen.“ Jonas, der ebenfalls sofort eine starke Vertrautheit mit Sophie empfunden hatte, wurde auch immer nachdenklicher. „Irgendetwas ist seltsam“, sagte Sophie. „Und ich weiß nicht, was es ist.“ Jonas hatte plötzlich eine Idee. Es war noch früh genug, dass sie noch einmal zu Martin in die Werkstatt schauten. Er würde sicher noch arbeiten. Zielsicher lenkte er seine Schritte in die Richtung. Er wusste nicht warum, aber er wollte Sophie die Werkstatt zeigen.

Jonas hatte recht gehabt. Martin arbeitete noch und war sichtlich erfreut über den Besuch. Sophie ging, ähnlich wie Jonas am ersten Tag, durch die Werkstatt. „Hast du auch das Gefühl, dass dir das alles bekannt vorkommt?“, fragte Jonas. „Ja, es ist wie eine undeutliche Erinnerung. Aber ich wüsste nicht, woher die kommen sollte“, sagte Sophie. „Ich war noch nie in Wien. Nicht einmal in Österreich.“ Martin kratzte sich am Kopf, wie er das immer tat, wenn er nachdachte. Ein Verdacht keimte in ihm auf.

Der Elohim und die Erzengel berieten, was sie noch zu tun hatten, bevor sie in wenigen Tagen endgültig die Menschenwelt verlassen würden. „Ich bin guter Dinge. Die Menschen haben die Chance aufgegriffen und fangen an, neue Strukturen zu schaffen und die Welt zu einem lebenswerten Platz für alle zu machen. Das gibt mir und den anderen großen Engeln Hoffnung“, sagte der Elohim.

„Aber wie können wir sicher sein, dass diese Entwicklung anhält, auch wenn wir nicht mehr da sind?“, fragte Michael. „Wir haben es in der Geschichte der Menschheit doch schon öfter erlebt, wie schnell sie sich auf die Dunklen einlassen, wenn diese es ihnen nur schmackhaft genug machen“, fügte er noch hinzu. „Wir sind nicht die Babysitter der Menschen“ antwortete Phanuel. „Diejenigen, die sich wirklich bemühen, werden wir auch aus unserer Welt heraus unterstützen. Aber wenn sie nicht wollen, können wir nichts machen. Wir haben die letzten Wochen mehr eingegriffen als wir vorgehabt haben. Mehr können wir nicht tun.“

Gabriel schaute still vor sich hin und sagte dann: „Ich liebe die Weihnachtszeit sehr. Nicht nur, weil ich der Zeitgeist der Weihnachtszeit bin, sondern auch deshalb, weil die Menschen innerlich empfänglicher sind, als zu anderen Zeiten. Auch jetzt in den Tagen des Jahreswechsels sind sie mehr bereit als sonst, ihr Leben anzuschauen und zu reflektieren. Das macht mir immer wieder Mut und Hoffnung.“

„Ich schaue mal hinüber zu Martin“, sagte Michael. „Ich habe ihn seit gestern Abend nicht mehr gesehen und ich möchte wissen, wie es ihm geht.“ Michael ging über den Hof und sah durch die Fenster, dass Martin noch Besuch hatte. Kurz zögerte er, dann klopfte er doch an. „Komm rein, Michael! Ich habe dich schon gesehen!“, rief Martin. Michael trat ein und Martin stellte ihm Jonas und Sophie vor. Michael hatte von Hannes bereits über Jonas gehört und nickte freundlich.

Die beiden Familien Liebhart und Duncan sowie der Direktor saßen mit glühenden Ohren über ihren Plänen. Immer bunter wurde die Planung für das Jahr und da sie schon genügend Sponsoren hatten, mussten sie sich nicht einmal Gedanken darüber machen, ob sich das alle leisten konnten. Sondern sie konnten einfach planen. Wie großartig das war! Mr. Duncan erklärte, dass er, als Arzt, natürlich gerne irgendwohin reisen würde, wo natürliche Heilmittel eingesetzt werden und gemeinsam kamen sie auf die Idee, dass sich das im Regenwald ja wunderbar verbinden ließ. Sie würden zwei Gruppen machen. Die einen würden zuerst im Forstprojekt arbeiten und die andere Gruppe startete mit der Bestimmung und den Heilwirkungen der Pflanzen. Sie hatten dazu zwar noch keinen Ansprechpartner vor Ort, waren aber sehr zuversichtlich, dass sie den geeigneten Menschen schon noch finden würden.

Zwischendurch schaute Herr Liebhart auf die Uhr. Sophie und Jonas waren lange unterwegs. Aber dann erinnerte er sich daran, dass die beiden alt genug waren, sich im recht sicheren Wien auch in den Abendstunden zu bewegen. Er ahnte nicht, dass sie beiden bei Martin saßen und dass sich bald ein riesiges Geheimnis lüften würde.

Und wie es weitergeht, erfahrt Ihr morgen

Ich wünsche Euch eine gute Nacht uns schöne Träume

Manou

Bild von ThePixelman auf Pixabay

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