In der kommenden Nacht wandern die Uhren wieder eine Stunde zurück. Es wurde und wird viel über diese Stunde hin oder her diskutiert. Was aber viel mehr der Betrachtung wert wäre, ist, welcher Art von Zeit folgen wir? Folgen wir Chronos, dem Gott, der mit der Sanduhr dargestellt wird? Das ist die Zeit, die wir im allgemeinen als die gültige Zeit betrachten. Wir betrachten chronologisch, messen die Zeit mit dem Chronometer…Chronos ist die Zeit, die uns am Gängelband hält. Kairos hingegen ist der Gott des richtigen Zeitpunktes, des richtigen Augenblickes.

Die Qualität von Kairos

Kairos ist die Zeit, die ab und an bei uns vorbeikommt im Sinne einer guten Gelegenheit, eines Momentes, den es am Schopf zu packen gilt. Daher wird Kairos auch mit einem Schopf voller Haare an der Stirn dargestellt. Da müssen wir ihn packen, wenn er mit uns auf Augenhöhe ist. Wenn wir zulange warten, ist er vorbei. Der Hinterkopf von Kairos ist nackt. Dort kann man ihn nicht mehr packen. Wenn wir zu lange zögern, ist es vorbei. Dann haben wir Kairos verpasst. Von diesem Haarschopf, den Kairos trägt, kommt auch der Begriff “Etwas am Schopf zu packen”.

Chronos und Kairos im Alltag

Obwohl unser Leben meist von Chronos bestimmt wird, erleben wir Kairos auch hin und wieder. Chronos ist der, der uns To-do Listen machen lässt. Wir sind mit Chronos zugange, wenn wir unseren Tag planen, wenn wir versuchen, so viel aus der Zeit herauszuholen, wie es nur geht. Es ist die Zeit, die wir messen und mit der wir ständig im Konflikt sind. Es ist zu wenig Zeit, es dauert zu lange…Und dann kommen manchmal die Momente des Kairos. Wer kennt es nicht, das Gefühl gerade zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein. Dabei hatte Kairos seine Hände im Spiel. Oder man schiebt etwas ewig vor sich her, und plötzlich kommt der Moment, an dem es total einfach geht. Auch hier war Kairos mit dabei. Oder man denkt über eine Entscheidung nach, kann sich einfach nicht entschließen und erwägt Für und Wider und plötzlich kommt der Moment, an dem klar ist, welche Option die richtige ist. Auch hierbei hat Kairos mitgewirkt.

Wie können wir mehr Verbindung mit Kairos eingehen?

Wenn wir uns auf einen geistigen Schulungsweg begeben, kommen wir immer öfter an den Punkt, dass wir ganz im Einklang mit dem Universum, das heißt, auch mit unseren geistigen Wesensgliedern sind. Das sind die Momente, in denen Kairos durch uns hindurch wirken kann. Wenn wir uns auf Kairos besinnen, dann wissen wir, dass wir im Prinzip alle Zeit der Welt haben, und dass es möglich ist, den genau richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Wenn wir mit Chronos agieren, laufen wir oft gegen die Zeit. Mit Kairos hingegen tanzen wir mit der Zeit. Wir erfühlen den richtigen Augenblick und ersparen uns unter Umständen viele leere Kilometer.

Was uns Kairos lernen kann

Kairos kann uns lernen, dass wir mehr darauf achten, was wir zu einer bestimmten Sache fühlen. Wir müssen nicht unbedingt alles jetzt und sofort tun oder entscheiden. Vielleicht ist es gar nicht dran. Aber wenn Kairos da ist, dann müssen wir startklar sein. Kairos erfordert Aufmerksamkeit und Achtsamkeit. Das ist in unserer, von Chronos beherrschten Welt, nicht so einfach. Wenn wir nicht mehr dumpf irgendwelche Listen und Pläne abarbeiten, sondern beginnen, mit dem Leben zu tanzen, dann laden wir Kairos in unser Leben ein. Aber Vorsicht: Kairos duldet keine Trägheit und Verschlafenheit. Wenn der richtige Zeitpunkt da ist, müssen wir hellwach sein. Wir ergreifen ihn und erledigen Dinge unter Umständen in einem Bruchteil der Zeit, die wir ansonsten darauf verwendet hätten. Aber Kairos lädt uns nicht zur Prokrastination ein. Aber er lädt uns ein, genauer zu sein, aufmerksamer zu sein, wacher zu sein, wilder zu sein!

Chronos und Kairos sind kein Widerspruch

Wenn wir eine Verabredung planen, macht es wenig Sinn auf Kairos zu warten, denn der kommt zu jedem Menschen zu einem anderen Zeitpunkt. Da ist es gut, mit Chronos zu arbeiten und eine bestimmte Uhrzeit auszumachen, sonst treffen wir uns unter Umständen nie. Aber wenn wir ein Projekt beginnen wollen, dann ist es gut, die Vorbereitungen ruhig in Verbindung mit Chronos zu treffen und dann zu schauen, wann Kairos vorbeikommt um den Startschuss zu geben. Wir dürfen uns zwischen den Polen, zwischen den Qualitäten hin und her bewegen. Wir müssen uns nicht zwischen den beiden entscheiden.

Das Leben aus mehreren Blickwinkeln betrachten

Wenn wir das Leben immer aus mehreren Blickwinkeln betrachten, so werden wir innerlich frei. Wir müssen dann nicht mehr nach unseren Gewohnheiten, nach unseren alten Mustern oder sogar nach uralten Familienmustern handeln, sondern wir dürfen aus dem Vollen schöpfen – wir dürfen all diese Qualitäten in unser Leben einladen und erfühlen, wie unser Leben dadurch an Qualität gewinnt. Wir sind frei!

In diesem Sinne möchte ich Sie und Euch einladen, die Zeitumstellung in der kommenden Nacht wohlwollend zu betrachten. Wir dürfen eine Stunde länger schlafen und haben ab übermorgen behagliche lange und dunkle Winterabende, die uns zur Kreativität einladen. Aber vielleicht wollen Sie Kairos mehr in Ihr Leben einladen.

Ich wünsche Ihnen und Euch einen wunderschönen Samstag

Manou Gardner Medium

Bild von Eduin Escobar auf Pixabay

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