Manchmal passieren uns Dinge, deren Sinn wir weder verstehen und oft auch nicht verstehen wollen. Warum werden uns geliebte Menschen genommen? Warum klappt etwas einfach nicht, obwohl wir es tausende Male versucht haben? Warum sind wir manchmal so hilflos und machtlos? Warum wurden wir in diese Familie geboren? Warum nur? Auf der irdischen Ebene gibt es auf viele Fragen unseres Lebens keine Antwort. Und der Ausweg, es auf der geistigen Ebene zu verstehen, tröstet meist nur den Kopf – es kann das Herz nicht erreichen. Wie kommen wir also aus dieser Warum-Dauerschleife heraus? Diese Antwort ist oftmals nicht einfach. Doch es kann gelingen.
Nehmen wir als Beispiel Viktor Frankl
Viktor Frankls Karriere als Ärztlicher Leiter des Psychiatrischen Krankenhauses Wien wurde von den Nazis beendet, da er – als Jude – keine arischen Patienten mehr behandeln durfte. Er heiratete und sein Kind wurde unter Zwang der Nazis abgetrieben. Er und seine ganze Familie wurden in Konzentrationslager gebracht, wo seine Eltern, sein Bruder und schlussendlich auch seine Frau ermordet wurden. Nur er überlebte. Und er kam nicht als gebrochener, völlig zerstörter Mann aus dieser Katastrophe heraus, sondern als Ausnahmetalent in Empathie und Gewahrsein. Er erkannte, dass nur Vergebung diesen Schmerz heilen konnte. Nicht Wut, nicht Hass, nicht Trauer – nur Vergebung. Er schaffte es, sein Leben neu zu organisieren, eine neue Karriere zu erschaffen, wieder zu heiraten… Widerstand, gegen das was ihm widerfahren ist, hätte ihn zu einem gebrochenen Mann gemacht, aber er schaffte es, über sich hinaus zu wachsen.
Das Leben nehmen wie es ist
Wenn wir erkennen, dass wir in Vielem, was passiert, keinen Sinn finden können, dann dürfen wir auch aufhören, nach dem Warum zu fragen. Vielleicht – sogar wahrscheinlich – gibt es auf der geistigen Ebene einen Sinn. Doch da wir diese oftmals (noch) nicht erreichen können, solange wir inkarniert sind, können wir nur annehmen was ist. Es mit dem Herzen ergreifen. Vertrauen, dass wir vielleicht eines Tages erkennen können, was der Sinn hinter unserem Schicksal ist. Und bis dahin das Leben ergreifen, mit allem was geschieht oder geschehen ist. Viele Menschen müssen durch Täler gehen, erfahren unermessliches Leid und leben weiter. Wir dürfen weiterleben, auch nach Schicksalsschlägen, nach Misserfolgen, nach traumatischen Erfahrungen. Wenn wir es schaffen, aus dem heraus, was wir erlebt haben, neue Kraft zu generieren, indem wir das Schicksal bei den Hörnern packen und dieses neue Leben – mit all seinem Schmerz und seinem Leid – als unser Leben ergreifen, dann meistern wir das Schicksal. Doch solange wir dem alten Leben, vor dem Schmerz, vor dem Misserfolg nachtrauern, solange sind wir gefangen in einer Spirale, die sich nur abwärts drehen kann. Annehmen und akzeptieren klingt vielleicht nach Märtyrertum, ist es aber nicht. Wir werden nicht zum Märtyrer indem wir unser Leben wieder ergreifen, sondern wir werden zum Meister/zur Meisterin der Welten. Wir hatten eine alte Welt und nun haben wir eine neue Welt. Ergreifen wir sie und machen wir das Beste daraus, was wir als Menschen machen können. Und vielleicht stellen wir eines Tages unsere Erfahrungen anderen Menschen zur Verfügung und spenden Trost und Zuversicht.
Der Sinn erschließt sich erst nach dem ersten Schritt
Erst wenn wir unser Leben wieder voll ergriffen haben, können wir vielleicht eines Tages sehen, wohin uns unser Schicksal, unser Leid, unser Schmerz gebracht hat. Wir können dann ohne Wut und Trauer, ohne Selbstvorwürfe und ohne Hass zurückblicken auf das, was geschehen ist. Wir haben es in unserem Herzen ankommen lassen als unveränderbare Tatsache. Die Alternative ist nicht besonders rosig. Wenn wir diesen Schritt nicht gehen, werden wir uns ewig quälen und empfinden unser Leben als Hölle auf Erden. Wir dürfen annehmen, wir dürfen damit unseren Schmerz lindern und wir dürfen dadurch neu werden.
Sören Kierkegaard sagte sinngemäß: “Verstehen tun wir das Leben nur rückwärts, doch leben müssen wir es vorwärts.” Und das ist wahr. Vertrauen wir auf die Kraft der Versöhnung!
Ich wünsche Euch allen einen wunderschönen Montag
Manou Gardner Medium aka Manuela Pusker
Bild von Karen Nadine auf Pixabay
Ein Kommentar zu „Die Prüfungen des Lebens“