Lindas neues Leben 23

Hier kommt Teil 23 der Geschichte von Linda und ihren Kindern, die plötzlich in ein ganz neues und ungewöhnliches Leben katapultiert worden sind. Und heute Abend gibt es ein neues Video zu der Qualität der heutigen Rauhnacht. Unten gibt es wieder einen Artikel zur heutigen Rauhnacht.


Linda hatte bisher nur die Beete vor dem Haus in Ordnung gebracht. Im großen Garten hinter dem Haus hatte sie noch nicht einmal richtig angefangen. Nachdem sie die Kinder von der Schule abgeholt hatte, nahm sie wieder ein Blatt nach dem anderen aus dem Karton, den Jonas mittlerweile ins Wohnzimmer geschleppt hatte. Der Karton war voll mit solchen Zeichnungen und wahrscheinlich gab es davon noch mehrere. Sie hatten ja noch nicht einmal einen Bruchteil der Dinge von Hans Breitner gesichtet. Immer war eine Pflanze aufgezeichnet und so ein Fabelwesen dazu und es standen ein paar Sätze, die sich auf die Pflege der Pflanze bezogen, dabei.

Wenn nicht Beppo und auch Herta am Vormittag zugegeben hätten, dass sie solche Dinge auch schon gesehen hätten, wäre es jetzt ganz einfach, es damit abzutun, dass Hans Breitner wohl eine blühende Phantasie gehabt hatte und sich die Einsamkeit mit dem Zeichnen und Erfinden von Dingen vertrieben hätte und die Kinder gestern einer Halluzination aufgesessen waren.

Linda suchte nochmal die Zeichnung mit dem Zwerg, von dem die Kinder und Beppo behaupteten, ihn gesehen zu haben. Sie betrachtete ihn lange und Klara schaute über ihre Schulter. „Er hat das gut gezeichnet. Genauso habe ich ihn auch gesehen. Er stand einfach da und schaute mich an. Bei dem hat er auch gar nichts dazu geschrieben.“

Am späteren Abend kamen Beppo und Herta mit Simon auf einen Sprung vorbei. Auch ihnen ließ diese Sache keine Ruhe und sie fragten sich die ganze Zeit, was es damit auf sich hatte. Auch in Lindas Kopf kreisten die Gedanken. Immer mehr Erinnerungsfetzen kamen an die Oberfläche. „Ich muss in Ruhe darüber nachdenken“, sagte sie. „Ich habe das Gefühl, dass sich plötzlich einige Fragezeichen aufklären aber dafür viel mehr neue entstehen. Beppo und Herta nickten. Auch Simon erkannte den Wink mit dem Zaunpfahl und sie standen auf, um wieder nach Hause zu gehen. „Wenn du magst, besuche ich dich morgen zum Kaffee“, sagte er in Lindas Richtung.

„Das wäre schön“, sagte Linda etwas abwesend und begann die ganzen Zeichnungen, die über den Tisch verstreut lagen, wieder in den Karton zu stapeln. Linda stellte die Kiste entschlossen in ihr Arbeitszimmer und setzte sich auf die Terrasse hinter der Küche. Ihre Augen versuchten, die Dunkelheit zu durchdringen und im Garten die Plätze auszumachen, wo sich die Pflanzen befinden könnten, die auf den Bildern gezeichnet und mit Pflegeanleitungen versehen waren. Sie würde morgen einmal anfangen, den hinteren Garten zu sichten. Herta hatte ihr schon mehrmals vorgeschlagen, den Garten zu roden, aber Linda hatte immer abgelehnt. Irgendwas hatte sie bisher davon abgehalten, da einfach drauflos zu gärtnern.

Vielleicht hatte sie den Grund nun gefunden. Viele der gezeichneten Pflanzen sahen recht unscheinbar aus. Vielleicht hätte sie sie einfach ausgerissen, wenn sie die Zeichnungen nicht gefunden hätte. Was wohl in den anderen Kartons noch versteckt war? In Linda erwachte so etwas wie ein Forscherdrang. Obwohl sie sich auf das Ganze keinen Reim machen konnte, hatte sie das Gefühl, etwas Bedeutsamen auf der Spur zu sein.

Dieser Hans Breitner schien noch einiges an Überraschungen zu bieten. Das war richtig spannend. In diesem Moment kam Klara zu ihr auf die Terrasse und setzte sich schweigend an den Tisch. „Ist das nicht alles seltsam hier?“, fragte sie nach einer Weile zu Linda gewandt. „Das kannst du laut sagen“, erwiderte Linda und sah ihre Tochter dabei an. „Ich habe das Gefühl als wäre das alles ein Traum“, sagte Klara und schwieg danach wieder eine Weile. „Es ist doch verrückt.

Zuerst leben wir ein bürgerliches, ja spießiges, Leben in unserem Haus in der Stadt. Dann erbst du dieses Haus und die Ereignisse überschlagen sich plötzlich, sodass wir Hals über Kopf hierher ziehen. Alles fügt sich so, als wäre es vorherbestimmt. Auch deine Kündigung war ja so seltsam. Sogar die Hilfe von Beppo und dem ganzen Dorf als wir so überstürzt eingezogen sind, kommt mir jetzt irgendwie vorherbestimmt vor.

Und dann kommen all diese Tiere in Windeseile zu uns und alles bekommt so ein Tempo, dass wir kaum dazu kommen, unsere Gedanken zu sortieren. Und gerade als es beginnt ruhiger zu werden, öffnen wir diese Kiste und es tauchen wieder Fragen über Fragen auf…“ Linda nickte ihrer Tochter zu. „Das hätte ich nicht treffender zusammenfassen können. Genau das Gleiche ging mir vorhin auch durch den Kopf.

Es ist irgendwie alles wie verhext, oder besser gesagt, verzaubert.“ In diesem Moment betrat Jonas die Terrasse. Auch er setzte sich zuerst schweigend zu ihnen. „Ich weiß überhaupt nicht, was ich von dem allem halten soll. Das kommt mir so…kitschig…vor“, sagte er. „Und gleichzeitig finde ich es unglaublich spannend. Stellt euch mal vor, was Papa zu sowas sagen würde!“

Die drei brachen in Gelächter aus. „Ja, das wäre interessant. Vermutlich würde er dann noch rascher versuchen, das Haus loszuwerden“, sagte Linda. „Ich werde morgen auf jeden Fall mal den Garten absuchen und schauen, ob ich die Pflanzen finde, die Hans da gezeichnet hat“, fügte Linda hinzu. „Dürfen Jonas und ich die Kartons weiter durchschauen?“, fragte Klara aufgeregt. „Ja, wenn ihr Lust habt, gerne. Aber erst morgen nach der Schule. Ich muss auch zuerst einmal zu Simon in die Praxis“, antwortete Linda.

Lindas Blick fiel dabei in die hell erleuchtete Küche. „Ihr könnt mich gerne für verrückt erklären, aber ich weiß, dass ich als Kind sowohl schon in dieser, als auch in der Küche von Beppo und Herta gesessen habe. Ich weiß sogar, wo ich damals saß. Da war diese Eckbank schon da und ich saß da hinten“, sagte Linda und zeigte auf die Sitzgruppe der Küche. „Naja, das finde ich jetzt nicht so überraschend“, sagte Jonas. „Immerhin gehörte das Haus dem Onkel deiner Mutter. Wesentlich merkwürdiger ist aber, dass er dann in den nächsten Jahrzehnten offenbar nicht mal mehr erwähnt wurde“, fügte er hinzu.

Linda nickte. „Ja, nicht einmal in einem Nebensatz. Es wurde auch niemals eine abfällige Bemerkung über ihn gemacht. Einfach gar nichts – als hätte es ihn nicht gegeben. Und wenn ich nicht hierhergekommen wäre, würde ich mich sicher auch nicht mehr an die Besuche hier erinnern. Mittlerweile weiß ich, dass ich mehr als einmal hier war. Denn ich kann mich an verschiedene Jahreszeiten erinnern.“

Linda gähnte. „Ich bin müde. Ich glaube, ich gehe ins Bett. Hätten wir nicht noch einmal nach den Kühen schauen sollen?“, dachte Linda laut. „Wir können ja die Taschenlampen nehmen und uns vergewissern, dass es ihnen gut geht“, schlug Jonas vor. Kurz darauf machten sie sich, bewaffnet mit drei Taschenlampen, auf den Weg zur Kuhweide. Doch dort war alles in Ordnung. Jetzt konnte es nicht mehr lange dauern, bis die drei ihre Kälbchen gebären würden.

„Herrjeh, der Hühnerstall steht wahrscheinlich auch noch offen“, sagte Jonas. „So richtige Bauern sind wir noch nicht. Dafür vergessen wir noch viel zu viel…“ Gemeinsam schauten sie auch bei den Hühnern nach dem Rechten. Doch da war alles ruhig. Die Damen saßen auf ihren Stangen und machten hin und wieder verschlafene Geräusche. Leise schlossen sie die Stalltür und gingen ins Haus. Ernie und Bert standen Schwanz wedelnd im Vorraum. „Sollen wir mit den beiden noch eine Runde drehen?“, schlug Linda vor. Die Kinder stimmten zu und zu dritt machten sie sich mit den Hunden auf den Weg zum Waldrand.

Sie schauten sich um. Seit heute nahmen sie die Umgebung nochmal ganz anders wahr. Bis gestern war das eben ein Wald gewesen und Felder und Pflanzen. Aber seit gestern erschien ihnen alles hintergründiger und geheimnisvoller. In Jonas sträubte sich zwar noch alles, aber ein Teil von ihm fand es auch spannend und irgendwie spektakulär. Das war doch verrückt!

Schweigend drehten sie ihre Runden und insgeheim hielten sie alle Ausschau nach etwas Ungewöhnlichem. Aber alles blieb ganz normal. Der Wald war dunkel, aber irgendwie nicht bedrohlich und die Felder dufteten selbst in der Nacht nach Land und purem Leben.

Gemeinsam traten sie ins Haus ein, leinten die Hunde ab und jeder machte sich auf den Weg, sich für die Nacht vorzubereiten. Linda brühte sich noch einen Tee auf, und setzte sich entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nochmal auf die Terrasse. Sie wollte noch eine Weile alleine sitzen.



Hier ist ein Artikel zur kommenden Rauhnacht: 5. Tag der 13 heiligen Nächte

Und heute Abend gibt es das Video hier: Manou Gardner auf Youtube

Ich wünsche Dir einen wunderschönen Mittwoch

Manou Gardner Medium aka Manuela Pusker

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