Warum ich mich so gerne mit Hühnern unterhalte…

Ich bin mit Hühnern aufgewachsen, hatte auch in meinem Erwachsenenleben lange Zeit Hühner und die Gespräche mit ihnen sind mir noch in lebhafter Erinnerung. Grundsätzlich eignet sich die Gesellschaft von Hühnern ja hervorragend um auszuspannen. Mit ihrer ihnen eigenen Akribie scharren sie sich durch den Garten, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt. Da meine Hühner mit mir vertraut waren, duldeten sie meine Anwesenheit, ohne sich auch nur im Geringsten in ihrer Tätigkeit stören zu lassen.

Meine Probleme stießen auf Verständnis

Wenn ich meinen Hühnern von meinen Problemen erzählte, schauten sie mich meist aus ihren runden Augen an und gaben diese kleinen Geräusche von sich, die entfernt an das Quietschen einer alten Tür erinnerten. Ich empfand dies stets als Zeichen ihres Mitgefühls oder zumindest als die Botschaft, dass sie mich gehört hatten. Kaum war ich fertig damit, mein Herz auszuschütten, fingen sie wieder an zu scharren, als wollten sie mir sagen: „Ich habe deine Worte gehört. Aber seien wir mal ehrlich, das ist es doch nicht wert, dass man darüber nachdenkt. Hier ist die Spur eines Regenwurmes und das Wichtigste ist nun, diesen zu erwischen, bevor er sich in die Tiefen der Erde zurückzieht.“ Ich verstand. Es ging um die wirklich essentiellen Dinge des Lebens. Der Wurm! Natürlich! Wie konnte ich nur so dumm sein, mir über andere Menschen oder sonst etwas den Kopf zu zerbrechen. Alles ist eine Frage der Betrachtung und vor allen Dingen der Priorität.

Hühner sind in Wahrheit Philosophen im Federkleid

Besonders spannend fand ich es immer, wenn der Hahn hinzu kam. So musste es im alten Athen gewesen sein, wenn Sokrates, Platon, Aristoteles oder Epikur den Marktplatz betraten. Er stolzierte eine Weile hin und her und die Hühner schauten ihm dabei zu. Dann gurrte auch er etwas, das offenbar auf allgemeine Zustimmung stieß. Ich muss zugeben, dass mir dazu oft die Fähigkeit fehlte, den bedeutenden Worten zu folgen. Aber die Hühner – mir erkenntnistheoretisch weit überlegen – verstanden sofort die Tiefe der Botschaft. Dies ging so weit, dass die eine oder andere Dame sich bereitwillig niederhockte, um den wortgewaltigen Botschafter zum Sex einzuladen. Mir persönlich ging dies etwas zu weit. War ich zwar auch gewillt, begierig zu lauschen, so fand ich diese Art von weiblicher Hingabe dann doch etwas unpassend. Aber wer bin ich schon, dass ich darüber zu urteilen vermag? Vermutlich verstand ich auch dies nicht in seiner vollen Bedeutung.

Die Geburt der Eier

Andererseits war ich zutiefst beeindruckt von den lauten Äußerungen der Hühner nach der Geburt eines jeden Eies. Mit vor Stolz geschwellter Brust spazierten sie aus dem Stall und teilten ihren Kolleginnen mit, was sie gerade geleistet hatten. Das unverkennbare „Gaaagagagagaaaaaaa“ nach der Geburt jeden Eies beeindruckte mich. Nein, dies waren keine kleinlauten und angepasste Weibchen, die ihre Care-Arbeit wortlos und leidend verrichteten. Im Gegenteil! Sie ließen die Welt regen Anteil nehmen an ihrer Leistung. Auch der Hahn kam sogleich um die Ecke um seine Ehrerbietung zu zeigen. Meist umtanzte er die erfolgreiche Henne mit einem herunterragenden Flügel. Es war ein Audruck größter Bewunderung. Überhaupt war es ein beständiges Geben und Nehmen mit klaren Regeln und ebenso klarer Kommunikation. Eine Staatsform die unter den ungefiederten Erdbewohnern niemals erreicht werden wird.

Was ich von den Hühnern gelernt habe

  • Rede niemals deine eigene Leistung klein
  • Höre den Anderen zu, verstehe sie, teile es ihnen mit und dann widme dich wieder deinen eigenen Dingen
  • Bade ausgiebig und völlig entspannt im Sand
  • Eile niemals
  • Ein Ei am Tag ist genug Produktivität
  • Naja, die Sache mit dem Sex mit dem Redner….ich weiß nicht…das hat mich nicht so angesprochen. Aber vielleicht bin ich einfach nicht klug genug, zu erkennen, welchen Tiefgang das hat.

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen einen wunderschönen Gründonnerstag – und denkt bei jedem Spiegelei heute daran, dass es die Tagesleistung eines dieser großartigen Wesen ist! 🙂

Manou Gardner Medium aka Manuela Pusker

Bild von Emilian Robert Vicol auf Pixabay

6 Antworten zu „Warum ich mich so gerne mit Hühnern unterhalte…“

  1. Avatar von Renate
    Renate

    Wunderschön!

    1. Avatar von Manuela Pusker

      Dankeschön 😍

  2. Avatar von Heike

    Ich weiß……Oma Biebipp. Das war die Oma mit den Hühnern.

    1. Avatar von Manuela Pusker

      Jaaaaaaaa, wie schön, dass du das noch weißt 😍😘

  3. Avatar von Antonia Braditsch
    Antonia Braditsch

    😄😅😁😂😀

  4. […] Hier habe ich einen etwas humorvollen Artikel über die Sichtweise anderer Spezies geschrieben. Falls dich der interessiert, kannst du ihn hier lesen: Warum ich mich so gerne mit Hühnern unterhalte […]

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