Hier kommt die Fortsetzung der Linda Geschichte. Auch heute Abend geht es wieder auf Youtube weiter mit der Rauhnacht-Begleitung. Heute wieder mit einer speziellen Meditation.
Schwer atmend stand Linda im Vorraum und merkte erst jetzt, wie groß ihre Wut auf Georg eigentlich war. Natürlich war sie nicht unschuldig daran gewesen, wie die Ehe verlaufen war. Aber Georg hatte sich über viele Jahre wie ein Despot benommen, das merkte sie erst jetzt, seit sie in ihrer Freiheit angekommen war.
Immer noch war kein Motorengeräusch zu hören. In diesem Moment kamen die Kinder die Treppe herunter. „Habe ich gerade Papas Stimme gehört?“, fragte Jonas. Linda nickte und zeigte mit dem Kopf zur Tür. „Ja, da draußen steht er. Ich habe gesagt, er solle abhauen, aber ich höre ihn nicht wegfahren. „Ich gehe mal raus zu ihm“, sagte Jonas und Klara ging ebenfalls mit hinaus. Linda hörte gedämpft, wie die drei miteinander sprachen. Sie hoffte nur, dass die Kinder Georg nicht hereinbaten.
Aber sie kamen alleine zurück. Prüfend schaute Jonas seine Mutter an. „Er scheint tatsächlich ganz zerknirscht zu sein. Magst du wirklich nicht mit ihm sprechen? Ich verstehe, wenn du sauer bist. Ich bin auch sauer nach der Aktion bei den Großeltern. Aber er ist und bleibt eben unser Vater…“ Jonas` Blick hatte etwas Bittendes.
Linda atmete tief durch. Jonas hatte recht. Natürlich wäre es für alle einfacher, wenn sie ein halbwegs vernünftiges Verhältnis miteinander hätten. Vielleicht könnte sie ja über ihren Schatten springen. „Unter zwei Bedingungen. Er kommt nicht ins Haus und den Kaffee für ihn machst du“, sagte sie und lächelte ihren Sohn an.
Wenn es sein Wunsch war, würde sie ihm diesen erfüllen. Aber sie würde niemals Georgs abfällige Bemerkungen über ihr Haus ertragen und sie hatte nicht die geringste Lust ihn jemals wieder zu bedienen. Jonas antwortete: „Geht klar. Wo soll er sich hinsetzen?“ Linda überlegte. Unter dem Nussbaum wollte sie ihn nicht haben. Das war ihr Platz und den wollte sie nicht mit einer Erinnerung an Georg kontaminieren. Auf der Terrasse wollte sie ihn auch nicht haben, da konnte er in die Küche schauen.
„Ich hab`s!“ sagte sie. „Nimm zwei Terrassenstühle und stelle sie hinten neben die Scheune. Da sitze ich sonst nie. Da setze ich mich mit ihm hin.“ Sie sah, dass Jonas ihre Vorsicht etwas skeptisch betrachtete und vielleicht sogar für übertrieben hielt, aber sie wusste, dass es für sie wichtig war, klare Grenzen zu Georg zu ziehen. „Gut, dann stell mal die Stühle hin und ich komme dann“, sagte Linda. Wenige Minuten später machte sie sich auf den Weg zur Scheune, wo Georg schon etwas verloren auf einem der Terrassenstühle saß.
Der Boden war etwas uneben und er hatte Mühe den Stuhl in einer halbwegs stabilen Position zu halten. Linda setzte sich ebenfalls auf einen der Stühle und sah Georg unfreundlich an. „Na, du hast es ja mal wieder geschafft, deinen Kopf durchzusetzen. Mach es kurz. Also, was willst du hier?“, fragte sie und winkte Jonas zu, dass sie ebenfalls gerne einen Kaffee hätte.
Georg war sichtlich unbehaglich zumute. Nicht nur, dass er in so einer schwachen Position war, er erkannte auch, dass das Sitzen auf diesem wackligen Stuhl durchaus eine Machtgebärde von Linda war, die zwar ebenfalls nicht sicherer saß, durch das Landleben aber offenbar sehr viel besser damit umgehen konnte. Er, der nur teure Bürostühle gewohnt war, machte dabei die deutlich schlechtere Figur. Jonas kam und überreichte ihnen beiden einen Kaffee.
Georg versuchte trotz der Aufmerksamkeit, die er brauchte, um die Balance zu halten, die Kaffeetasse einigermaßen würdevoll an den Mund zu führen. Jonas hatte den Kaffee in zwei Henkelbecher gefüllt. Georg hingegen war gutes Porzellan und Untertasse gewohnt. Aber er machte keine Bemerkung darüber.
Nach dem ersten Schluck starrte er auf eine Stelle am Boden und setzte an: „Linda, wie gesagt, ich habe viel nachgedacht. Über unsere Ehe und wie wir als Familie gelebt haben. Ich bereue, dass ich mich oft wie ein Idiot benommen habe. Glaubst du, dass wir eine zweite Chance hätten?“ Linda spuckte beinahe ihren Kaffee aus. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“, fragte sie.
Georg schaute immer noch auf den Boden, dann hob er den Kopf. „Doch, Linda, es ist mein Ernst. Ich sehe meine Fehler ein und ich vermisse euch“, sagte er. „Glaubst du ernsthaft, ich würde jemals wieder hier weggehen?“, fragte Linda. Georg sah sich auf dem Hof um. „Ich glaube nicht, dass das hier das angemessene Leben für dich ist. Ich könnte dir so viel mehr bieten, als diesen…diesen alten Schuppen hier“, sagte er und Linda wusste in diesem Moment, dass Georg sich nicht geändert hatte.
„Jetzt sag ich dir mal was Georg. Wenn du nur das geringste bisschen Feingefühl hättest, würdest du bemerken, dass es mir und den Kindern hier so gut gefällt wie noch an keinem anderen Ort der Welt. Aber du denkst immer noch, dass man Prunk und Protz braucht, um im Leben glücklich zu sein.“
Georg versuchte immer noch das Gleichgewicht zu halten. „Linda, bitte versteh doch. Das Haus ist so leer ohne dich und die Kinder. Ich möchte nicht morgens aufwachen…“ Linda unterbrach ihn. „…und dir deinen Kaffee selbst kochen“, vollendete sie den Satz. Georg schaute sie nun an. „Hast du es wirklich so empfunden?
Dass es mir nur wichtig war, dass du mir das Frühstück gemacht hast?“, fragte er. „Nein, natürlich nicht. Es war dir nicht nur wichtig, dass ich dir das Frühstück machte, sondern auch deine Pausenbrote und das Abendessen. Und wehe, es war nicht so, wie es deine Mutter gemacht hätte…“ Linda brach ab, weil sie merkte, dass sie sich in Rage redete. Georg schwieg. Linda überlegte, wie sie das Gespräch nun beenden konnte.
In dem Moment sah sie, dass Beppo und Simon über die Felder gestapft kamen. Sie atmete auf. Verstärkung! Das konnte sie jetzt gut gebrauchen. Als die beiden nah genug waren, winkte sie ihnen zu. „Hallo Linda, wir wollten mal nach dem Rechten schauen, da wir sahen, dass du Besuch hast“, sagte Beppo mit einem Schmunzeln. Natürlich hatte er Georgs Wagen erkannt.
Linda wurde es ganz warm ums Herz. Es war so schön, dass sich jemand um sie kümmerte. Georg verzog das Gesicht. Nur zu gut erinnerte er sich an seine letzte Begegnung mit Beppo. Die beiden traten zu ihnen heran. „Ein lauschiges Plätzchen für einen Kaffee“, sagte Simon und Linda sah, dass er das Grinsen unterdrückte. Simon reichte Georg die Hand. „Doktor Simon Ludwig“, sagte er. Linda konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen. Sie wusste nur zu gut, dass Simon seinen Titel normalweise nicht erwähnte. Aber da sie ihm erzählt hatte, dass Georg vor Titeln großen Respekt hatte, schien er die Gelegenheit gleich zu nutzen.
Georg stand auf. „Georg Hohenfeld“, sagte er steif. „Gut, dass wir uns mal anständig bekannt machen, sagte Beppo. Bisher war es ja immer etwas turbulent, wenn wir uns getroffen haben“, sagte er und reichte Georg ebenfalls die Hand, die dieser widerstrebend annahm. Kurz trat ein peinliches Schweigen ein.
Simon schaute Georg unverwandt an, was diesem ganz offensichtlich gar nicht gefiel. Nach der Begrüßung hatte er sich nicht mehr hingesetzt, denn einem Hünen wie Simon auf einem klapprigen Untergrund gegenüberzusitzen, während dieser stand, war das letzte, was er sich antun wollte. Und obwohl Georg stand, musste er zu Simon aufschauen. Linda genoss die Situation ganz im Gegensatz zu Georg.
Da keiner das Gespräch aufnahm räusperte sich Georg und sagte zu Linda: „Tja, ich fahre dann mal. Auch wenn unser Gespräch nicht besonders fruchtbar war.“ Linda nickte. „Okay, ich begleite dich zum Auto.“ Mit einem verschwörerischen Lächeln in Richtung Simon und Beppo deutete sie in Richtung Einfahrt und Georg machte sich tatsächlich auf den Weg zum Auto.
Als sie außer Hörweite waren, zischte er Linda kurz zu: „Du solltest ein wenig besser auf dich aufpassen. Nicht, dass du auch so tragisch endest wie deine Eltern und Hans Breitner.“ Linda schaute ihn verwirrt an. „Was meinst du damit?“, fragte sie ihn noch. Doch Georg hatte bereits die Autotür geöffnet und sein Gesichtsausdruck hatte sich merklich verändert. Mit einem widerlich sardonischen Grinsen schaute er sie nur an und zuckte die Schultern. „Wenn man nicht weiß, was gut für einen ist, nimmt man schnell mal ein rasches Ende“, sagte er nur noch und betätigte den Startknopf des Autos. Die Reifen drehten im trockenen Hof etwas durch, sodass Linda in eine Staubwolke gehüllt wurde. Sprachlos schaute sie Georgs Auto nach, als es die Einfahrt Richtung Wald verließ.
Hatte Georg ihr gerade gedroht? Und wieso hatte er ihre Eltern erwähnt. Lindas Stimmung war nun vollkommen gekippt. Simon kam ihr entgegen und sagte: „Linda! Was ist los? Du bist ja weiß wie eine Wand.“ Linda ergriff seine Hand und sagte: „Ich muss mich jetzt erst einmal setzen.“
Tja, wohin das jetzt wohl noch führt…..Du darfst gespannt sein 🙂
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